„Klatsch! Jubel!“ Donald Duck gratuliert seinen Erschaffern zum runden Geburtstag!

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16.12.2021
Geschichte in Geschichten
Eine gezeichnete Ente im Matrosenanzug freut sich und schlägt die Hacken zusammen

Anlässlich mehrerer Jubiläen rund um den vom Pech verfolgten Donald gehen wir der Frage nach, wie der Enterich im Matrosenanzug zu solch immenser Berühmt- und Beliebtheit kam!

Autor: Tobias Dittmoser-Pfeifer

Donald Duck ist wohl so ziemlich jeder und jedem ein Begriff. Aber wie hat er es geschafft, so schnell zu Weltruhm zu gelangen? Da sich heuer gleich mehrere Jubiläen überschneiden, die 120. Geburtstage von Walt Disney (*5. Dezember 1901) und Carl Barks (*27. März 1901) sowie das 70. Jubiläum der ersten deutschen Ausgabe des Micky-Maus-Hefts, nutzen wir diese Gelegenheit, um uns Donalds Werdegang genauer anzusehen.

Erster Auftritt in Silly Symphonies

Zum ersten Mal begegnen wir dem jähzornigen und leicht arbeitsscheuen Enterich ganz beiläufig im ersten Micky-Maus-Buch aus dem Jahre 1931. Darin werden der Hauptfigur Micky (engl. Mickey) einige andere Charaktere vorgestellt: Henry Horse, Carolyn Cow, Patricia Pig - und eben auch Donald Duck. Die meisten von Mickys Freund*innen und Bekannten haben es nie geschafft so groß im Rampenlicht zu stehen, Donald dafür umso mehr.

Porträt Walt Disney, undat. um 1940
So kennen und lieben wir ihn! Donald in seiner bekanntesten Emotion: dem Jähzorn (Riha 1994, S. 14)

Bis Donald zum ersten Mal auf die große Leinwand kam, sollte es allerdings noch drei Jahre dauern. Erst 1934 durfte er in dem Film The Wise Little Hen zum ersten Mal in den Kinosälen auftreten. Der Film ist einer von vielen aus der Reihe der Silly Symphonies aus Walt Disneys Studio. Der musikalisch konnotierte Titel dieser Reihe kommt nicht von ungefähr: Für die inhaltlich zusammenhanglosen Zeichentrick-Kurzfilme wurden alle Bewegungen und Vorkommnisse sehr genau an den Takt und die Geschwindigkeit der dahinterliegenden Musik angepasst. Diese Vertonungstechnik wurde sogar unter dem Begriff „Mickey-Mousing“ bekannt.

Die Silly Symphonies wurden ab 1929 produziert und waren zunächst so erfolgreich, dass sie alle Oscars in der Kategorie „bester animierter Kurzfilm“ seit der Etablierung dieser Kategorie 1932 bis zum Ende der Silly Symphonies 1940 gewinnen konnten.

The Wise Little Hen erzählt von einer Henne, die mit ihren Kindern Mais anbaut und erntet. Dabei bittet sie ihre Nachbarn Peter Pig und Donald Duck um Hilfe. Die beiden täuschen aber bei jeder Anfrage um Hilfe schwere Bauchschmerzen vor. Daraufhin lädt die Henne die beiden Faulenzer zwar zum Abendessen ein, als diese aber - von allen Bauchschmerzen magisch befreit – ankommen, wird ihnen zur Strafe nur Rizinusöl gegen die Bauchschmerzen kredenzt. Ihrer Schuld bewusst bestrafen sich Donald und Peter zusätzlich noch selbst und treten sich gegenseitig in den Hintern.

Donald in seiner ersten Rolle (Disney 1984, S.5)

In diesem ersten Kurzauftritt zeigten sich schon einige der Hauptcharakteristika Donalds. Einerseits ist er schon im ersten Auftritt mit Matrosenanzug und Mütze zu sehen, was durch seinen Wohnort in einem Hausboot erklärt wird, andererseits wird auch bereits seine arbeitsscheue Seite gezeigt.

Aufstieg zu Weltruhm

Mit dieser kleinen Rolle war der erste Schritt zu großer Berühmtheit getan. Etwa ein Jahr nach dem Kurzfilm wurde ein Teil der Geschichte in Form von Comicstrips in verschiedenen Zeitungen veröffentlicht. Diese Strips der Silly Symphonies erschienen in regelmäßig Abständen und erzählten entweder Geschichten aus den Kurzfilmen nach oder ließen die darin erscheinenden Charaktere neue Kurzabenteuer erleben. Donald war in diesen Strips sehr schnell ein gern gesehener Gast und kam fortan regelmäßig vor. Sein Erfolg in The wise little Hen und in weiteren Kurzfilmen sorgte dafür, dass die Reihe bereits nach weniger als einem Jahr in Silly Symphonies featuring Donald Duck umgetauft wurde.

 

Filmplakat: Häuptling Donald Duck, 1976
Filmplakat: Kassabereiches eines Kinos (vermutlich ehemaliges Votivpark Kino). An den Wänden Plakate zu den Walt Disney Filmen „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ sowie „Häuptling Donald Duck“, 1976

Donald trat 1934 noch in zwei weiteren Filmen auf, beide Male an der Seite von Micky, dem damit ein Bärendienst erwiesen wurde: Er verlor nach und nach seinen Rang als beliebtester Charakter aus der Feder von Walt Disney. Das Publikum identifizierte sich sehr schnell mehr mit dem tollpatschigen, jähzornigen und faulen Donald als mit Micky, der immer brav und anständig sein musste. (Hand auf’s Herz: Haben nicht auch Sie immer die Geschichten des moralinsauren, oberg’scheiten Mickys überblättert?)

Eines der wenigen Interviews mit Donald in der „Welt am Abend“ vom 9. November 1946

Walt Disney selbst erkannte dieses Problem auch bald: „Micky ist unser Problemkind. Er ist eine solche Institution geworden, dass uns in seiner Gestaltung Grenzen gezogen sind. Wenn wir Micky jemanden in den Hintern treten lassen, bekommen wir Millionen Briefe von Müttern, die uns sagen, dass wir ihren Kindern falsche Vorstellungen machen. Micky muss immer süß sein, immer liebenswert. Was kann man mit einem solchen Hauptdarsteller machen?“ (Anton & Hahn 1994, S. 99)

Micky und Donald (Disney 1984, S. 2)

Carl Barks und Erika Fuchs

Bis zum Jahr 1940 spielte Donald Duck schließlich in mehr als 40 Kurzfilmen mit und wurde dabei immer beliebter. Zu dieser Zeit bemerkte Disney, dass sich Comic-Hefte wachsender Beliebtheit erfreuten und begann, ein eigenes Heft herauszubringen. Anfangs wurden darin nur die bereits aus den Zeitungen bekannten Comicstrips gesammelt herausgegeben. Im Jahr 1942 erschien schließlich die erste lange Geschichte mit Donald. An der Entstehung bereits involviert war niemand geringerer als der zukünftig berühmteste Donald-Duck-Autor überhaupt: Carl Barks.

Barks ist ursprünglich nur als Zeichner engagiert worden, da er davor schon erfolgreich an einigen Kurzfilmen mitgewirkt hat. Offensichtlich gefielen ihm Details des Plots aber nicht, worauf er die Geschichte an mehreren Stellen abänderte.

Skizzen von Donald beim Gehen (Disney 1984, S. 136)

Zu seinem Glück kamen die Änderungen beim Verlag gut an und Barks war von nun an als Autor und Zeichner in Personalunion tätig - und das höchst erfolgreich fast 25 Jahre bis zu seiner Pensionierung. In dieser Zeit hat er die Bewohner*innen Entenhausens um viele beliebte Charaktere erweitert. Rund um Donald, seine Neffen Tick, Trick und Track und seiner Freundin Daisy Duck zählen unter anderem der reiche Onkel Dagobert, dessen Erzfeinde, die Panzerknacker, die Hexe Gundel Gaukeley, der vom Glück verwöhnte Gustav Gans und der Erfinder Daniel Düsentrieb zu den beliebtesten Charakteren. Nach dem Grund für den Erfolg seiner Geschichten gefragt antwortete Carl Barks einmal: „Ich weiß, dass man von mir erwartete, für ein zwölfjähriges Publikum zu schreiben. Aber meine Einschätzung der Intelligenz eines Zwölfjährigen war immer höher als die der Verleger“ (Anton & Hahn 1994, S. 15).

Titelblatt eines der ersten Micky-Maus-Hefte, Mai 1951

Für Donalds Erfolge im deutschsprachigen Raum ist auf jeden Fall noch eine weitere Person maßgeblich verantwortlich: Dr. Erika Fuchs, die 1951 damit beauftragt wurde, die Übersetzung für das erste deutschsprachige Micky-Maus-Heft anzufertigen. Sie setzte sich von Anfang an das Ziel, gegen den „Schund“-Status der Comics zu kämpfen. Daher ließ sie zum Beispiel die wichtigsten Figuren regelmäßig deutsche Klassiker zitieren oder Anspielungen auf diese machen. So schwören sich Tick, Trick und Track einmal: „Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, in keiner Not uns waschen und Gefahr“ (Rieken 2009, S. 388). Dieses Zitat findet man fast wortgleich in Wilhelm Tell: „Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr“ (Schiller 1871, S. 56). Einer der bekanntesten Sprüche von Erika Fuchs, „dem Ingeniör ist nichts zu schwör“, ist eine Anspielung auf das Ingenieurlied von Heinrich Seidel.

Tick, Trick und Track „zitieren“ Schiller (Rieken 2009, S. 389)

Ein weiteres Merkmal, das Erika Fuchs‘ Übersetzungen so einzigartig machte, ist ihre regelmäßige Verwendung von Inflektiven, Verben ohne Infinitivendung (beispielsweise „Ächz“, „Stöhn“ und „Seufz“). Sie verwendete diese sehr häufig um Gemütszustände oder momentane Befindlichkeiten auszudrücken - wodurch Inflektive so bekannt geworden sind, dass sie von Fans heute noch gerne als Erikative bezeichnet werden.

Resümierend kann man sagen, dass trotz des Titels Micky-Maus-Magazin eindeutig Donald Duck der Star der Hefte war und ist und er und seine Familie meist mehr als zwei Drittel des Hefts einnehmen. Auch am Cover prangt bis heute meist sein Konterfei. Besonders im deutschsprachigen Raum ist der Erfolg des Magazins enorm, das seit 2009 nicht mehr am „Donnersduck“ sondern 14-tägig am „Freutag“ erscheint.

Titelblatt vom Micky-Maus-Heft Jänner 1995

Falls Ihnen dieser Artikel Lust gemacht hat, wieder einmal in die Geschichten rund um Donald einzutauchen, können Sie aus dem Bestand der Österreichischen Nationalbibliothek viele Ausgaben der Micky-Maus-Hefte bestellen und in den Lesesälen darin schmökern. Aufgrund der Pflichtablieferung ist die Österreichische Nationalbibliothek in den Genuss gekommen, eine große Anzahl der Hefte zu verwahren. Falls Sie Interesse an Donald mit Österreich-Bezug haben: auch Die Ducks in den Alpen haben wir vorrätig und eine Ausgabe im Wiener Dialekt: Des is jo ur leiwand!. Ich werde mich jedenfalls heute Abend einigen Heften widmen. „Freu!“

Zum Autor: Tobias Dittmoser-Pfeifer ist Mitarbeiter der Hauptabteilung Benützung und Information.

Literatur:

Anton, U; Hahn, R: Donald Duck. Ein Leben in Entenhausen. Verlag Thomas Tilsner 1994

Rieken, B: Überall war Entenhausen. Die Comics von Carl Barks in der Übersetzung von Erika Fuchs. In: Bilder. Bücher. Bytes. Zur Medialität des Alltags. Waxmann 2009

Kovatsch, G: Donald Duck & Co. – Ein Mensch wie du und ich!? - Eine psychoanalytische Betrachtung der Comic-Ente. 1991

Birgmayer, C: Die Figurenkonstellation im Entenhausen des Carl Barks. 1993

Reitberger, R: Walt Disney. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Rowohlt 1979

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