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Sichtungen. Archiv - Bibliothek - Literaturwissenschaft ISSN: 1680-8975
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DIANA und die Zukunft der Zentralkartei der Autographen (ZKA)

Jutta Weber

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Sichtungen 2 (1999), S. 263-270
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2001-12-29
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[2/ S. 263:] Zur nächsten SeiteSeit 1966 ist die Zentralkartei der Autographen in der Staatsbibliothek zu Berlin eine von Forschern in aller Welt vielgenutzte Institution für den Nachweis von Nachlässen und Autographen in öffentlichem Besitz in Deutschland. Sie verdankt ihre Entstehung dem großzügigen Finanzierungprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), das in den 60er Jahren die Nachlaßerschließung in Deutschland durch gezielte Projektförderung außerordentlich unterstützte und gleichzeitig strukturgebende Maßnahmen zur Verbreitung der dabei entstehenden Bestandsnachweise beförderte.

Durch die Herstellung von Kopien neuer sowie der wichtigsten alten in Zettelform vorhandenen Autographenkataloge deutscher Archive und Bibliotheken entstand eine zentrale Auskunftsstelle, die jährlich schriftlich und mündlich tausende von Hinweisen auf verstreute Bestände handschriftlicher Zeugnisse der europäischen Kultur- und Geistesgeschichte vermittelt. Die Weiterführung dieses Zettelkatalogs als Datenbank sowie Überlegungen zur Struktur des zukünftigen deutschen Autographenverbunds sind Gegenstand der folgenden Darstellung.

Die Automatisierung der Zentralkartei der Autographen wurde mit der Erfassung der Personennamen begonnen. Mit Hilfe von DFG-Mitteln wurden seit dem Frühjahr 1995 in rund 200.000 Namenssätzen die durch Lebens- oder Wirkungsdaten bzw. durch Funktionen oder ausgeübte Berufe identifizierbaren Personen erfaßt; diese Datensätze wurden 1997 in die deutsche Normdatei für Personennamen, die »Personennamendatei« (PND) bei Der Deutschen Bibliothek integriert. Diese Datei - ein gemeinsames Projekt Der Deutschen Bibliothek, der Bayerischen Staatsbibliothek sowie des Hochschulbibliothekszentrums Nordrhein-Westfalen und der Staatsbibliothek zu Berlin - unterliegt ständiger redaktioneller Betreuung und Ergänzung durch alle beteiligten Institutionen. Sie bildet den Dreh- und Angelpunkt der inzwischen begonnenen Retrokonversion der Bestandsnachweise der Zentralkartei.

Um die Personendaten sofort auch für die Auskunft der Zentralkartei praktisch nutzen zu können, wurden mit den Namen zugleich die Standortangaben der nachgewiesenen Autographen erfaßt. Ein Beispiel möge dies veranschaulichen:

Name: Hensel, Fanny
Lebensdaten: 1805-1847
Beruf / Funktion: Komponistin; Pianistin
Andere Namensformen: Mendelssohn-Bartholdy, Fanny
Hensel, Fanny Caecilie
Zur vorigen Seite [2/ S. 264:] Zur nächsten Seite
Standorte:
Nachlaß: Staatsbibliothek zu Berlin
Einzelne Autographen: Landesbibliothek Darmstadt
Goethe-Museum Düsseldorf
Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf
Freies Deutsches Hochstift Frankfurt / Main
Bibliothek des Zentrums für Theaterforschung Hamburg
Deutsches Literaturarchiv Marbach
Bayerische Staatsbibliothek München

Diese angereicherten Namenssätze weltweit als Datenbank DIANA (Deutscher Index zu Autographen und Nachlässen) über die Kommunikationsnetze zu verbreiten, ist das nächste Ziel.

Der erste Schritt auf dem Weg zur Retrokonversion der gesamten in der Zentralkartei enthaltenen Bestandsangaben ist dann abgeschlossen.

Nach wohldurchdachter Planung wurde Anfang 1998 in der Staatsbibliothek als zweiter Schritt das Projekt »Maschinenlesbare Erfassung des Grundbestandes der Zentralkartei der Autographen« begonnen. Ermöglicht wird auch dieses Projekt, das nach drei Jahren abgeschlossen sein wird, durch großzügige Unterstützung der DFG. Die zuständigen Gremien in der DFG hatten einer zentrale Retrokonversion gegenüber verschiedenen lokalen Einzelprojekten von Anfang an den Vorzug gegeben. Neben Kostengründen spielte auch der Gedanke eine Rolle, durch eine zentral aufgebaute Datenbank gewisse Standards besser erproben und für den zukünftigen Nutzen im Datentausch konsolidieren zu können.

Sehr bewußt hat sich die Staatsbibliothek zu Berlin für eine Erfassung der Daten vor Ort, durch Werkvertragskräfte, entschieden. Gegen die Vergabe des Projekts an eine Firma sprachen wegen des außerordentlich heterogenen Bestands der Kartei die Kosten und der Aufwand einer zusätzlichen Verfilmung oder Image-Digitalisierung.

Zu berücksichtigen war außerdem, daß bereits, wie beschrieben, alle Personennamen erfaßt und in die PND in Der Deutschen Bibliothek integriert wurden. Die folgerichtige Planung bestand darin, der Retrokonversion durch Verknüpfung der normgerechten Personennamenssätze mit den nun entstehenden Bestandsdatensätzen hinsichtlich ihrer Qualität die bestmögliche Grundlage zu geben. Außerdem wurdeZur vorigen Seite [2/ S. 265:] Zur nächsten Seite eine wesentliche Beschleunigung der Erfassungsarbeiten erwartet. In der Tat erleichtert dieses zweistufige Vorgehen das Projekt sehr: Die Gefahr von Schreibfehlern, wie sie die Erfassung von großen Datenmengen zwangsläufig mit sich bringt, wird durch dieses Verfahren bei den Namen, die wohl als wichtigstes Suchkriterium gelten dürfen, auf ein Minimum reduziert. Der Vergleich der Namenssätze mit den nun zuzuordnenden Dokumentbeschreibungen bringt noch vorhandene Fehler aus der Namenserfassung ans Tageslicht. Außerdem können Zweifelsfälle und unklare Zuordnungen im direkten Kontakt mit den entsprechenden Bestandsbesitzern geklärt werden. Die durch die Erfassungsarbeiten angestoßenen Recherchen in den lokalen Autographenbeständen dienen dann auch der Bereinigung von dortigen Fehlern.

Es entsteht hier also ein Nachweisinstrument, das durch seine Verankerung in der nationalen Normdatei für Personennamen und dem ständigen Kontakt zu den Bestandsbesitzern auch ein hohes Maß an kooperativer und integrativer Leistung darstellt. Es verknüpft einerseits die Erschließung dieser Sondermaterialien mit den Standards der allgemeinen bibliothekarischen Katalogisierungspraktiken; und es sorgt andererseits dafür, daß diese Standards auch in jede einzelne Institution weitergegeben werden. Die Übernahme der in Berlin erfaßten Daten in die eigenen Datenbanken der jeweils meldenden Institutionen wurde von Anfang an mitbedacht und ist grundsätzlich vorgesehen.

Die Austauschbarkeit der Daten wird durch zweierlei Vorbereitungen unterstützt:
1. durch die Orientierung an dem Regelwerk »Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen« (RNA);[1] alle Angaben werden strikt auf der Grundlage dieses Regelwerks in das Erfassungsformat übertragen.
2. durch die Verankerung der RNA im Datenaustauschformat MAB2;[2] alle Datenfelder sind damit - auch dies entsprechend den RNA - als MAB2-Kategorien für die nationale und internationale Datenkommunikation geeignet.

Folgendes Beispiel zeigt den Umfang einer Standardaufnahme:

Materialart: Korrespondenz
Entstehungsland: Österreich
Sprache: deutsch
Zur vorigen Seite [2/ S. 266:] Zur nächsten SeiteVerfasser: Kerr, Alfred
Adressat: Schnitzler, Arthur
Ort: Wien
Datum: 11.06.1898
Art, Umfang: 1 Bl.
Besitzende Institution: Deutsches Literaturarchiv Marbach
Akzessionsnummer: 66.184/1
Signatur: A: Schnitzler

Diese Datenbank in Verbindung mit der Normdatei PND bildet den Kern des in der dritten Stufe geplanten nationalen Autographenverbunds, der wiederum Teil des internationalen Netzwerks MALVINE sein wird.[3] Sein Grundgedanke beruht auf der Kommunikation zwischen einer für die Pflege der gemeinsamen Normdaten und die Koordination verantwortlichen Zentrale und verschiedenen lokalen Datenanbietern.

Abb. 1: . In: Sichtungen 2, S. 267

Abb. 1.
[2/ S. 267]
Abbildung in eigenem Fenster öffnen [66,9,9KB]

Die folgende, vereinfachende Grafik nennt den Kreis der Institutionen, deren Beteiligung an diesem Kommunikationsnetz geplant ist, zumal sie heute bereits als Datenlieferanten an die Zentralkartei in Erscheinung treten. Der Aufbau des Netzes wird sich dabei eng an den technischen Möglichkeiten orientieren, die im EU-Projekt MALVINE erprobt werden und diese weiter verfolgen. Engere Kooperationen - z. B. im Bereich der Verwaltung digitaler Bilder, von Nutzungsrechten usw. - sind ebenso denkbar wie gezielte gemeinsame Serviceangebote, wie z. B. Koordinierung von Erschließungsprojekten. Die Staatsbibliothek zu Berlin stellt mit der Verwaltung der Datenbank der Zentralkartei und der Verwaltung der gemeinsam genutzten Normdateien die Kommunikationsschnittstelle nach außen und den Bezugspunkt für gemeinsame Datennutzung dar.

Datenkommunikation im Bereich der Erschließung von Unikaten unterscheidet sich in zwei Dingen grundsätzlich von der Austausch- und Fremddatennutzungspraxis im Bereich der Buchkatalogisierung:
1. Die Gemeinsamkeit der zu katalogisierenden Dokumente beschränkt sich auf
- Personen- und Körperschaftsnamen, die in verschiedenen Funktionen an der Entstehung oder der Geschichte der Dokumente beteiligt sind;
- Sachbegriffe, die den Inhalt der Dokumente unter übergeordneten Gesichtspunkten als forschungsrelevant charakterisieren können.Zur vorigen Seite [2/ S. 268:] Zur nächsten Seite
2. Die Dokumente werden in Institutionen der unterschiedlichsten fachlichen und organisatorischen Ausprägung gesammelt und erschlossen: Archive, Bibliotheken, Museen, Dokumentationsstellen usw. bewahren die Zeugnisse kultureller und geistesgeschichtlicher Grundlagen und erschließen sie auf der Basis unterschiedlicher Traditionen.

Wie sich die Kooperation mit der Forschung, dem Autographenhandel und dem Verlagswesen in Zukunft gestalten kann, wird in eigenen Projekten gezeigt werden müssen. Der interessante Ansatz der IFLA-Studie »Functional Requirements for Bibliographical Records«[4] im Bereich der digitalen Erschließung von Kulturgütern im umfassenden Sinn mag als Grundlage eines Modells erscheinen, das die zukünftige Struktur gemeinsamer neuer Wege der Kooperation auch im Bereich der Nachlaß- und Autographenerschließung und ihrer Vermittlung an die Forschung bilden kann. Seine Umsetzung erfordert neue Bereitschaft zur Zusammenarbeit und flexible Auslegung von Zuständigkeiten und Verantwortungen. Die bisher starren Grenzen zwischen Datenanbietern und Datennutzern werden sich in Zonen gemeinsamer Interessen und Aktivitäten verwandeln, die es beiden Seiten ermöglichen wird, effektiver zu arbeiten und mehr als bisher voneinander zu profitieren.

Abb. 2: . In: Sichtungen 2, S. 269

Abb. 2.
[2/ S. 269]
Abbildung in eigenem Fenster öffnen [41,7,9KB]

Die folgende Grafik zeigt, welche strukturellen Ansätze miteinander verwoben und im gegenseitigen Austausch fruchtbar gemacht werden können: Das Werk als Grund und Ziel aller Erschließungsarbeit ist der Bezugspunkt für jegliche Beschäftigung mit der in Archiven, Bibliotheken und Museen verwahrten Materie.

Zur vorigen Seite [2/ S. 270:] Die Grundidee des Modells ist die gemeinsame Erarbeitung und Nutzung von allgemeingültigen »Grunddaten« oder Normdaten. Der gemeinsame Weg wird gerade zu beschreiten begonnen. Eine Institution wie die Staatsbibliothek zu Berlin mit ihrer eigenen Handschriftensammlung und der Zentralkartei der Autographen, im Verbund mit den Archiven und Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz kann eine solche Kommunikation modellhaft erproben und vorführen. Unterstützt durch die technischen Ergebnisse des Projekts MALVINE, das die Verbindung zur Welt der Datennetze herstellt, entstehen neue Möglichkeiten der benutzerorientierten Dienstleistung, die durch den engen Kontakt zu Forschungseinrichtungen ihre Schwerpunkte realistisch zu setzen verstehen wird.

Jutta Weber

Anmerkungen

1] Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen. RNA. Berlin: Deutsches Bibliotheksinstitut 1997 (= Schriften der Deutschen Forschungsgemeinschaft).

2] MAB2. Maschinelles Austauschformat für Bibliotheken. Hg. in Zusammenarbeit mit dem MAB-Ausschuß im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Leipzig, Frankfurt / Main, Berlin: Die Deutsche Bibliothek - Loseblatt-Ausgabe, Grundwerk 1995.

3] Vgl. Andreas Brandtner / Werner Rotter: MALVINE (Manuscripts and Letters via Integrated Networks in Europe). In: Sichtungen 1 (1998), S. 167f.

4] Functional Requirements for Bibliographic Records, Final Report, IFLA Study Group on the Functional Requirements for Bibliographic Records. München: Saur 1998 (= UBCIM Publications - New Series 19).

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